Bild: Rathaus Rüsselsheim am Main

13.02.2023

„Mehr Effizienz und mehr Sicherheit für die Energieversorgung“

Foto: Energiemanagerin (Foto: Stadt Rüsselsheim am Main, Fotograf: Peter Thomas)

Anfang 2022 war das Wissen von Nina Montsch besonders stark gefragt: Die Energiekrise als Folge des Krieges in der Ukraine hatte einschneidende Folgen auch für die Wärmeversorgung in den Liegenschaften der Stadt Rüsselsheim am Main. Eine echte Herausforderung für die Energiemanagerin aus dem Fachbereich Gebäudewirtschaft: „Das 19-Grad-Celsius-Ziel in den Räumen der Verwaltung und anderen Gebäuden umzusetzen, hat viel Arbeit und Zeit verlangt. Ohne Mithilfe der Kolleginnen und Kollegen wäre das nicht möglich gewesen“, erinnert sich die Expertin. Wichtig dabei für die Energiemanagerin, die diese Position bei der Stadt Rüsselsheim am Main seit 2019 innehat: Alle Maßnahmen wurden in einem möglichst intensiven Dialog mit den Mitarbeitenden der Stadt umgesetzt.

Dass die Arbeit des städtischen Energiemanagements so im öffentlichen Fokus steht wie vor einem Jahr, ist eher die Ausnahme. Denn das Team arbeitet mit langfristiger Perspektive und meist eher im Hintergrund. Die Aufgaben reichen dabei vom sogenannten Live-Controlling der Energieverbräuche in zahlreichen Liegenschaften bis zur energetischen Begleitung von Sanierungs- und Neubaumaßnahmen.

In den rund 450 Gebäuden, die sich auf 140 städtische Liegenschaften verteilen, sind heute schon etwa 310 Zähler installiert. Diese bilden unter anderem Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserverbräuche ab. In die Fernüberwachung eingebunden sind derzeit beispielsweise einige Schulen, das Theater und die Stromversorgung des Rathauses. Bei den Schulgebäuden läuft die Nachrüstung – geplant sind durchschnittlich zwei Schulen pro Jahr. Die Kitas stehen als nächster Bereich an, hier lässt die Stadt bei Neubauten schon jetzt die notwendigen smarten Zähler installieren.

Mehr als „Smart Home“

„Der Trend in der Energiesteuerung geht eindeutig zu mehr Effizienz und zu mehr Sicherheit“, sagt die junge Expertin. Nach einer Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik hat sie an der Fachhochschule Bingen regenerative Energie (BA) sowie Gebäude- und Energiemanagement (MA) studiert.

Was die Vernetzung der Energie- und Wasserversorgung mit Sicherheit zu tun hat, erklärt Montsch am Beispiel des Trinkwassernetzes in einem Schulgebäude: Die beim Live-Controlling erfassten Verbräuche zahlreicher Einrichtungen bilden mittel- und langfristig eine wertvolle Datenbasis für die Optimierung des Betriebs. Kurzfristig hingegen können so Abweichungen durch Defekte schnell entdeckt werden. Dann ruft die Energiemanagerin den Schulhausverwalter an, damit dieser Wasserhahn oder Toilettenspülung prüft. So können auch Verluste durch Leitungsschäden in Wänden oder Boden frühzeitig identifiziert werden. „Wir sind dabei, die Wasserzähler in immer mehr Objekten mit aufzuschalten, um diese Möglichkeit zu nutzen“, sagt Nina Montsch.

Frage an die Fachfrau: Können denn Rüsselsheimer Einfamilienhausbesitzer etwas von den Optimierungsmaßnahmen der Stadt lernen? „Fläche und Nutzungsverhalten von kommunalen Nichtwohngebäuden unterscheiden sich sehr deutlich von Wohnhäusern“, sagt Montsch. Deshalb seien die Einflussmöglichkeit auch geringer. Beispielsweise brauche die kabelgebundene Automatisierung der Gebäudetechnik deutlich mehr Zeit und Investition als ein paar Smart-Home-Anwendungen.

Hohe Dynamik in der Wärmewende

Bereits seit mehreren Jahren zeichnet sich im Rahmen der sogenannten Wärmewende ein Technologiewandel in der Heizungstechnik ab – weg von fossilen Energieträgern und hin zur Nutzung von Umweltwärme durch Wärmepumpen. Die Energiekrise in Folge des Krieges in der Ukraine hat diese Dynamik schlagartig verstärkt und die Nachfrage nach Wärmepumpenheizungen verstärkt. Mit dem Einsatz von einem Teil elektrischer Energie können diese Anlagen je nach Technologie das Drei- bis Fünffache an Wärmeenergie lokal emissionsfrei bereitstellen.

Die Stadt Rüsselsheim am Main kennt und schätzt das Potenzial der Wärmepumpen schon länger. Nina Montsch steht neben dem großen Außengerät einer luftgebundenen Splitwärmepumpe vor der Kita Karlsbader Straße. Die Heizungstechnik wurde bereits beim Neubau 2014 installiert – nächstes Jahr feiert die Anlage zehnten Geburtstag.

Im Rahmen der Fachberatung von Neubauten und Großsanierungen setzt Nina Montsch stark auf Wärmepumpen, um die Energieversorgung von Gebäuden zu optimieren. Dabei gelte, dass das Potenzial bei Neubauten besonders groß ist, erklärt die Expertin – bei Sanierungen sei es etwas schwieriger. Das liegt unter anderem an der Struktur und dem Baujahr der jeweiligen Objekte: Eine Kita oder Grundschule stellt andere Anforderungen an die Haustechnik als ein klassisches Einfamilienhaus.

Dazu kommt die Zeit, die für eine Erneuerung bestehender Heizungstechnik benötigt wird: „Wenn die Heizung in einer Kita plötzlich ausfällt, muss in den kommenden Tagen eine Lösung da sein“, sagt Montsch. Und das bedeutet zurzeit für gewöhnlich noch immer den Austausch bestehender Heizkessel durch eine moderne und effiziente Gasheizung. Bei langfristig geplanten Sanierungen ist der Wechsel zu einer umweltfreundlicheren Technik eher möglich.

Volles Programm

Die Energiemanagerin unterstützt unter anderem die Planungen der Wärmeerzeugung in Neubauten. Ein Beispiel sind die Kitas Hans-Sachs-Straße und Georg-Jung-Straße, die sich gerade im Bau befinden und die durch Wärmepumpen beheizt werden. Auf dem Schreibtisch liegen auch die Pläne für die Parkschule, die eine große Hybridlösung mit luftgebundener Wärmepumpe bekommen soll. Solche Anlagen, die verschiedene Verfahren der Energietechnik kombinieren, gelten für große öffentliche Gebäude als besonders interessant. Dabei können unter anderem Photovoltaik, Wärmepumpen und Biomasseheizungen intelligent miteinander verbunden werden. Im ersten Quartal des neuen Jahres steht für Nina Montsch aber noch ein anderer wichtiger Meilenstein an: Nach den herausfordernden Monaten mit vielfältigen Anstrengungen zur Einsparung und Effizienzsteigerung kommen die Jahresabrechnungen 2022.

 

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